Seit je her sind Gürtel wichtige und durch ihre vielfach reiche Ausschmückung symbolträchtige Bestandteile der Männerkleidung. Dies trifft sicher auch für die verschiedensten Arten und Formen der Trachtengürtel zu. Früher wohl vielfach Zweck- und Zierstück in Einem, sind diese Gürtel im Laufe des letzten Jahrhunderts wohl vollends Zierstücke für die verschiedenen Stände im ländlichen Raum geworden. Ist es für den Einen ein teures notwendiges Übel, so ist es für den Anderen das schönste und markanteste Stück an der Männertracht.
Bestand die Stickerei auf Trachtengürteln bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch mit Lederriemchen- und Federkielstickerei gleichwertig nebeneinander, so wurde dann bereits anfangs des 20. Jahrhunderts das Lederriemchen vom Federkiel fast völlig verdrängt.
Die Gattung der noch älteren Zinnstiftgurten starb laut Meinung von Fachleuten wegen Materialmangel aus, nicht so aber die Pergamentlederstickerei. Sie wurde wohl Opfer des brillanteren Federkiels, mit welchem es den damaligen Stickern erst möglich wurde die Stickkunst zu verfeinern und zu perfektionieren.
Der im letzten Jahrhundert wohl bekannteste Sarner Fatschnmacher, Johann Thaler sen. (1913/1979) stickte bis in die fünfziger Jahre noch Gürtel mit Pergamentleder - auch Zirm genannt. Er stattete im Jahr 1948 die Musikkapelle Sarnthein einheitlich mit zirm- und federkielgestickten Fatschn und Kraxn aus. Durch das Spiel von Angebot und Nachfrage stellte er diese Variante der gemischten Stickerei aber bald ein. Restbestände dieser Lederriemchen liegen in den Betrieben seiner Söhne Johann und Luis noch als Erinnerungsstücke auf.
Und seither wird der Federkielsticker fast ausschließlich allein dem Berufsnamen gerecht – sticken mit Federkielen.
Trotz des in den sechziger Jahren argen Pfauenfedermangels beeindruckten neue synthetische Stickmaterialien die südtiroler Sticker nur kaum. Das Berufsego der sarner und pusterer Federkielsticker lies eben nur – Nomen est Omen – sticken mit Fäden aus der Pfauenfeder zu. Der Markt für Pfauenfederneinkäufe hat sich aber erweitert. Durch den Rückgang der Pfauenhalter in Südtirol wurde es notwendig sich um neue Märkte umzusehen. Unter Mithilfe der Handelskammer Bozen fand man diese bereits in den späten sechziger Jahren in Afrika und Indien.
Es sei aber an dieser Stelle lobend vermerkt, dass sich heute wieder Gürtelhersteller sowohl mit Pergamentlederstickerei, als auch der zinngenagelten Gurten annehmen.
Lebendige Tracht – versteinerte Tracht
Die Volkstracht hat sich in Südtirol leider nur mehr im Schlerngebiet, dem Burggrafenamt und besonders im Sarntal von selbst in seiner Lebendigkeit erhalten. Anderenorts ist das Tragen einer traditionellen Tracht fast ausschließlich den kulturellen Vereinen überantwortet. Das Bild zeigt dann vielfach eher eine versteinerte Tracht – der Begriff „Montur“ drängt sich manchmal auf. Man erwehrt sich oft des Gefühls nicht, dass allzu eifrige Trachtenexperten eher ihre persönliche Macht, als die in ihrem Schilde geführte Lebendige Tracht im Auge zu haben scheinen. Der Druck auf die Vereine, sich eine „historische Tracht“ anzuschaffen ist sehr bedenklich, sind ja historische Dinge solche, welche durch den Lauf der Zeit „gegangen wurden“. Sie wurden also ganz allmählich von Neuerem abgelöst – auch bei Trachten.
Es lebe der kleine Unterschied
Was für eine Erleichterung für den Vereinskassier, wenn alle paar Jahre nur einige, zu arg abgetragene Trachten neu zu beschaffen wären. Welche Freude für jene Vereinsmitglieder, die sich nicht wegen einer hundsteuren Neueinkleidung ihr noch gutes Gwandl vom Leibe reißen lassen müssten und - Hand aufs Herz: Was gibt es denn Schöneres bei einer vorbeimarschierenden Formation, als wenn sporadisch ein gstandner Mann mit einer schönen alten, aber anderen Fatsch – zirmgenäht oder genagelt – und wieder ein anderer mit einem etwas anders getönten grünen Stoffhosenträger und einem vom vielen Ausrücken sogar etwas verblassten Jöppl mitstolziert. Die Vereintheit von Altem und Neuem bringt Leben in das Bild bei den verschiedenen Vereinsauftritten. Die Musikkapelle Algund ist dafür ein frühes Musterbeispiel.
In fast allen Publikationen die es rund um das Thema Trachtengürtel gibt zeichnet sich eines klar heraus: Nicht irgend welche Institutionen haben irgendwelche Vorgaben über das Aussehen von Trachtengurten bestimmt, nein, es war ausschließlich der gute Geschmack und der Geldbeutel des Kunden und besonders die Güte des freien Handwerks und Händlers der jeweiligen Gegend ausschlaggebend, ob ein Produkt Bestand hatte und dadurch für nächste Generationen zur Tradition wurde. Genau dieses Spiel zwischen Angebot und Nachfrage sollte man den heutigen Gürtelherstellern und Trachtlern auch zugestehen.
Wenn es die freie Entscheidung des Trachtlers sein darf, wird es keinen Grund zum Neid dafür geben, ob der Männerbauch von Zinn, Pergament oder Federkiel geziert wird.